Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus (NS-Zeit) verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.
Friedrich Orth wurde am 29. August 1898 in Steinsfurt im Rhein-Neckar-Kreis geboren. Friedrich Orth erlernte den Beruf eines Flaschners. Mit seiner ersten Frau hatte er nach dem Kirchenbuch drei Kinder. Das Ehepaar konvertierte 1926 in Mannheim zur Neuapostolischen Kirche. Seine am 22. November 1897 zur Welt gekommene Frau Klara verstarb am 5. Juli 1930 im Alter von nur 32 Jahren, nur wenige Tage nach dem Umzug nach Stammheim. Ein knappes Jahr danach heiratete Friedrich Orth die Witwe Mathilde Trübendörfer in Stammheim kirchlich am 3. Mai 1931. Das Ehepaar wohnte in der damaligen Mörikestraße 24, heute Frobeniusstraße, in Stuttgart-Stammheim.
Am 22. November 1934 wurde Friedrich Orth in die psychiatrische Abteilung des Bürgerhospitals in Stuttgart eingewiesen. Die Diagnose lautete Progressive Paralyse. Dabei kam es zu fortschreitenden Lähmungserscheinungen und Demenz. Man unternahm den Versuch, den Krankheitsverlauf mit einer Fieberkur positiv zu beeinflussen. Doch in der Abschlussuntersuchung wurde eine verwaschene Sprache, Desorientierung, weitgehender Gedächtnisverlust diagnostiziert. Dies, obwohl er in der Schule zu den besten Schülern gehört hatte.
Seine Ehefrau schilderte ihren Mann als gutmütig. Sehr belastend sei jedoch seine ständige Arbeitslosigkeit gewesen. Zwei Versuche der Arbeitsaufnahme führten nach drei Tagen zu einem Zusammenbruch. In der letzten Zeit habe sich sein Zustand so verschlechtert, dass er nur noch schlecht sprechen und gar nicht mehr schreiben konnte; Sätze habe er nicht mehr bilden können.
Die nächsten Stationen des Leidensweges von Friedrich Orth bestehen fast nur aus einem Datengerüst: Am 26. Februar 1935 wurde er in die Heilanstalt Christophsbad-Göppingen aufgenommen. Am 12. September 1938 kam er in die Heilanstalt Weissenau im heutigen Landkreis Ravensburg. Zwei Jahre später, am 28. August 1940 wurde er im Rahmen der „Aktion T4“ nach Grafeneck verbracht und wurde dort noch am gleichen Tag ermordet. Am nächsten Tag wäre er 42 Jahre alt geworden.
Eingeleitet wurde die Stolpersteinverlegung mit dem Lied "Amazing grace...". Apostel Loy bedankte sich in seiner Ansprache bei allen Anwesenden, er würdigte die Arbeit von Künstler Gunter Demnig, denn durch diese Stolpersteinverlegungen bekämen die Opfer ihre Würde und ihr Gesicht wieder. Apostel Loy begrüßte Frau Korge, Bezirksvorsteherin von Stammheim und bedankte sich beim Historiker Dr. Karl-Peter Krauss, der die Biografie von Friedrich Orth recherchiert hatte.
Diese Biografie wurde anschließend vorgelesen.
"Wachsam sein, wenn Menschen das Menschsein abgesprochen wird", diesen Satz von Margot Friedländer, einer Holocaust-Überlebenden, zitierte Frau Korge in ihrer Ansprache zur Stolpersteinverlegung. Der Stein für Friedrich Orth sei der 5. Stolperstein, der in Stammheim verlegt wird. Frau Korge bedankte sich bei allen Anwesenden für das große Interesse und den würdigen Rahmen.
Mit einem Gebet von Apostel Loy, der auch besonders für die momentane Situation in der Ukraine betete, einer Schweigeminute und dem Lied "Von guten Mächten wunderbar geborgen ... Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiß an jedem neuen Tag..." von Dietrich Bonhoeffer endete die feierliche Stolpersteinverlegung in Stammheim.